Stephan Vincent Nölke im Interview bei The Restless CMO zur auditiven Markenprofilierung, zum Audio-Boom, sowie zu top Marketing Trends, die vor allem hörbar sind.
The Restless CMO, ist ein Teil der Seven.One Entertainment Group, zu der auch TV-Sender wie Pro 7 und Sat.1 zählen. Die Plattform versorgt Marketingentscheider rund um den Globus mit Hintergrundwissen zu Branchen- und Technologietrends. Im Fokus stehen vor allem die Bereiche Marketing, Werbung und Social Media.
Stephan Vincent Nölke ist einer der gefragtesten Experten für das strategische Voice und Sound Branding sowie für digitale Audio/Voice Innovationen. Er ist Entwickler der Methodik Sonic Profiling, Fachbuchautor, Keynote-Speaker, langjähriger Lehrbeauftragter und Vorstand des Vereins der Förderer des Seminars für Medien- u. Technologiemanagement der Universität zu Köln. Er gründete im Jahr 2002 die comevis GmbH & Co. KG und ist deren Geschäftsführer.
Autor auf The Restless CMO
Sein Unternehmen ist ein vielfach prämierter Innovator im Bereich der auditiven Brand Experience sowie der hörbaren Marken-, Vertriebs- & Service-Kommunikation. comevis unterhält neben den C-Studios, mit den C-Labs eigene Klang- & Forschungs-Labore.
Zu den Kunden gehören die bedeutsamsten Unternehmen und Marken aus den Bereichen B2B und B2C. Über die Daily-Touchpoints der comevis Kunden erleben die auditiven Innovationen und Designs täglich 20 Millionen Hörer.
Akustische Markenführung: 7 Fragen und Antworten zum Thema
Warum sind akustische Markenprofile wichtig und welche Trends lassen sich hierbei beobachten?
Wie entsteht ein passender Sound für eine Marke?
Worauf sollten Unternehmen bei ihrer eigenen Audio-Strategie zuallererst achten?
Welche Unterschiede gibt es bei den unterschiedlichen Zielgruppen?
Was sind die größten Herausforderungen bei der auditiven Kommunikation?
Als Geschäftsführer von comevis hast Du viel Expertise im Bereich Audio-Identität aufgebaut. Wie sehen Eure Best Cases aus?
Wie werden sich aktuelle akustische Markenprofile in der Zukunft entwickeln?
Quelle: The Restless CMO
Warum sind akustische Markenprofile wichtig und welche Trends lassen sich hierbei beobachten?
Ein hörbares und wiedererkennbares Markenprofil strategisch zu definieren und nachhaltig zu entwickeln, wird immer wichtiger, denn wir leben in zunehmend auditiv geprägten Zeiten.
Gerade die digital transformierte Welt bietet eine neue Vielzahl an Touchpoints, die neben den Augen auch die Ohren ansprechen – ob es sich dabei um Social-Media-Videos, Webseiten, mobile Apps und TV handelt oder gar um rein auditive Kanäle wie Radio, Podcasts oder Service-Hotlines. Gerade Podcasts sind aktuell ein besonders gehyptes Thema, können Unternehmen doch mit einem klugen Corporate-Podcast-Konzept ihre Zielgruppe direkt in deren Lebensrealität erreichen und für markenrelevante Themen sensibilisieren und begeistern.
Dann gibt es da noch den aktuellen Hype um die Social-Audio-Apps Clubhouse und nun auch Stereo. Das und der langjährige Trend in Richtung Voice und Voice Commerce zeigen die steigende Notwendigkeit eines überzeugenden Sound-Profils.
Clubhouse bietet dabei zusätzlich die Möglichkeit, aus der rein sendenden Rolle in einen interaktiven Dialog zu wechseln. Hierbei können Unternehmen von Ihrer Zielgruppe lernen und ihre Strategie entsprechend an deren Wünsche anpassen. Außerdem lässt sich durch den im wahrsten Sinne des Wortes hörbaren Dialog die Transparenz erhöhen und damit das gegenseitige Verständnis verbessern. Letztlich verwundert es also kaum, dass in den aktuellen Top 20 Marketingtrends fast die Hälfte mit Sound zu tun haben.
Diese Entwicklung wird nun weiter verstärkt, denn seit kurzem gibt es völlig neue cloudbasierte KI-Tools, mittels derer die Steuerung der akustischen Markenführung messbar wird. Content-Generatoren bieten zudem mehr Effizienz und eine bessere Performance.
Wir treiben diese Entwicklung in unserem Unternehmen mit Hochdruck voran und unsere diesbezüglich selbst entwickelten C-Cloud Tools wurden kürzlich mit einem Innovationspreis ausgezeichnet. Traditionelle Kreativ- und Designkompetenzen verschmelzen also gerade mit Tech-basierten Audio/Voice-Innovationen – und da steckt im wahrsten Sinne des Wortes Musik drin.
C-Cloud: AI Corporate Sound & Voice Tools
Wie entsteht ein passender Sound für eine Marke?
Ein Markenprofil mit einem Soundkonzept zu verbinden, ist ein höchst individueller und kreativer Prozess. Hier müssen unterschiedlichste Aspekte vom Markenimage über die Produktpalette bis zur Zielgruppe und deren kontextabhängigen und zum Teil unbewussten und emotionalen Assoziationen bedacht werden.
Um nur ein paar konkrete Beispiele aus unserer Arbeit zu nennen: O2, mit seinen bekannten Sauerstoff-Bubbles, nutzt luftig klare Synthesizer-Texturen, um sich als sympathischen und vertrauensvollen Technologie-Begleiter seiner Kund:innen zu positionieren.
Die Versicherung Helvetia lässt pulsierende Beats aus dem Club mit einem Schweizer Bläser-Quartett sich im Einklang vereinen, um das Spannungsfeld zwischen dem traditionsbewussten Qualitätsanspruch der Marke und einer zukunftsgerichteten Customer Experience darzustellen.
Und der Kultclub Borussia Dortmund drückt seine Liebe zum Verein und zum Fußball durch elektrisierende E-Gitarren aus, die mit pumpenden Drums ein dynamisches Zusammenspiel wagen.
Worauf sollten Unternehmen bei ihrer eigenen Audio-Strategie zuallererst achten?
Die hörbaren Momente entlang des Themas Brand Experience und der auditiv erlebbaren Customer Journey sind so vielschichtig, dass Audio/Voice-Markenführung nur funktioniert, wenn im Zentrum ein strategisches Regelwerk steht.
Leider herrscht häufig die Meinung, dass ein 2 Sekunden langes Soundlogo ausreicht, um das Thema Sound Branding zu erledigen. Der Trend zeigt heute aber eindeutig: Es ist keine einmalige Maßnahme, sondern ein laufender Prozess – und jeder Touchpoint hat dabei seine ganz eigenen Anforderungen an Klang und Stimmen.
Hierfür braucht es daher stattdessen einen sogenannten Sonic Code – die akustische und stimmliche DNA einer Marke, wie wir es bei comevis nennen. Zu diesem Regelwerk gehören dann hochflexible und modular einsetzbare Audio/Voice-Contents.
Erst dieses Zusammenspiel ermöglicht eine synchronisierte, hörbare Marken-Orchestrierung. Letztlich hat akustische Markenprofilierung nichts mit der isolierten Betrachtung zum Beispiel eines Kampagnen-Sounds zu tun – es geht vielmehr um eine langfristige Aufgabenstellung in der Marken- und Unternehmenskommunikation.
Dafür haben Unternehmen hierzulande übrigens das große Glück, aus einem der größten Synchronmärkte weltweit und somit einem großartigen Pool an Profistimmen schöpfen zu können. Die deutsche Agenturszene im Bereich Sound Branding gilt international als Vorreiter. Was meist nicht bekannt ist, dass auch die Software, mittels derer heutzutage Musik programmiert und designt wird, meist Made in Germany ist.
Welche Unterschiede gibt es bei den unterschiedlichen Zielgruppen?
Für unterschiedliche Zielgruppen und Personas gilt es, spezifische Sound-Profile zu verankern, denn Musik wird je nach Stimmungslage und Lebensphase sehr unterschiedlich aufgenommen. Konkret: Habe ich als Kund*in beispielsweise mit meiner Versicherung Kontakt, macht es einen großen Unterschied, ob ich mich als junger Mensch absichern möchte oder ob ich im Schadens- oder Krankheitsfall Hilfe benötige.
Genauso spielen auch regionale Differenzierungen eine wichtige Rolle. Eine Corporate-Voice-Stimmenpaarung kann und darf daher in Hamburg aus einer Stimme mit norddeutschem Dialekt – in Bayern jedoch mit bayrischer Stimmfärbung – kombiniert mit einer hochdeutsch sprechenden Stimme bestehen, um sowohl Brand Fit als auch besondere Nähe zum Konsumenten herzustellen.
Beim Sound hingegen muss die Klang-Architektur so modular und vielschichtig sein, dass die unterschiedlichen kontaktspezifischen Anforderungen bei gleichzeitiger Einhaltung des Sound-DNA-Regelwerks bespielbar bleiben. Wir versuchen also maximale Wirkpotenziale bei jedem hörbaren Kontakterlebnis entlang der Customer Journey konsequent auszuschöpfen.
Was sind die größten Herausforderungen bei der auditiven Kommunikation?
Eine besonders große Herausforderung sehen wir darin, dieses strategische Denken und Handeln in den Brand- und Marketingabteilung zu verankern. Denn noch immer wird Sound Branding allzu oft mit einem Kampagnen-Sound oder einem lustigen Jingle verwechselt.
Hinzu kommt, dass die begleitenden Agenturen Sorge haben, sie könnten in ihrer kreativen Gestaltung eingeengt werden. Das ist in der Regel unbegründet, denn gerade wir Sound-Branding-Spezialisten gestalten und entwickeln Konzepte und Architekturen, bei denen das funktionale Sound-Design in seiner modularen, crossmedialen Einsetzbarkeit die entscheidende Rolle spielt.
Hier sind die verantwortlichen CMOs gefragt und es bietet sich die Einrichtung einer entsprechenden Acoustic Brand Policy an. Diese sichert die Einhaltung der Anwendung des Sonic Code (akustische DNA) und kann wo nötig regelnd eingreifen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die kreativ konzeptionelle Erstellung der eigenen Corporate Soundtoolbox als Content Base, vergleichbar mit einer eigenen Bilddatenbank. So können dann große Klangmarken entstehen.
Als Geschäftsführer von comevis hast Du viel Expertise im Bereich Audio-Identität aufgebaut. Wie sehen Eure Best Cases aus?
Sie sehen nicht nur gut aus, sie klingen auch fantastisch. Wir sind besonders stolz darauf, dass praktisch alle Steuerungs-Tools und Corporate Soundtoolboxen, welche wir seit unserem Gründungsjahr 2002 entwickeln durften, bis heute im Einsatz sind und meist stetig weiterentwickelt werden.
Die Vorteile des strategischen 360-Grad-Ansatzes lassen sich zum Beispiel bei Yello gut beobachten. Im Rahmen einer umfassenden Markenrepositionierung hat der Strom- und Gasanbieter auch erstmalig eine akustische Marken-Klangarchitektur umgesetzt. Aus der eigens neu konzipierten Klang-ID ist dabei nicht nur ein neues Soundlogo entstanden, sondern ebenfalls eigene Funktionsklänge für die Yello-App "kwhapp", ein Sound-Design and Composing für yello-TV und Kino-Spots, multimediale Kommunikation auf allen Social-Media-Kanälen, Corporate Radio-Spots sowie die Klanggestaltung des telefonischen Kundenservice.
Wie werden sich aktuelle akustische Markenprofile in der Zukunft entwickeln?
„The future sounds great“, davon sind wir überzeugt. Die Potentiale für unsere Kund*innen sind riesig, aber oft noch ein Stück ungehört. Es geht vor allem um klangliche Profilierung – noch viel wichtiger ist aber die strategische Positionierung bezogen auf Audio und ganz besonders auf Voice.
Die Gestaltung und Weiterentwicklung von Voice-Interaktionen wird in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. Schon heute genießen es viele Menschen – eyes-and-hands-free – mittels der Stimme Dinge zu bedienen und mit dem Netz zu interagieren.
Und ist es nicht ein schöner Gedanke, wenn wir in Zukunft alle weniger vor unseren Bildschirmen hängen und mehr Lebensqualität durch die Nutzung von Audio/Voice-Innovationen erhalten?
The Restless CMO ist eine Plattform, die Artikel und Wissen zu Trends rund um Marketing und Technologie veröffentlicht mit Fokus auf die Marketing und Werbe Branche, sowie Social Media. Die Webseite ist seit mehr als fünf Jahren Teil von SevenVentures.
Seven Ventures ist ein TV-Medien Investor, der Unternehmen für Anteile am Eigenkapital oder Umsatzbeteiligung, neben finanziellen Mitteln auch Werbezeiten bietet. 2019 haben sie rund 70 Unternehmen erfolgreich unterstützt, zu denen unter Anderem Firmen wie Zalando, Lieferando und Küchen Quelle gehören.
Zum Portfolio der Seven.One Entertainment Group zählen neben der Vermarktung deutscher TV-Sender, wie Pro7 und Sat.1, auch viele weitere Produktions-Unternehmen, die sich auf Marken und Produkte im Entertainment Bereich fokussieren.
Stephan Vincent Nölke
Geschäftsführer l CEO
"Sound keys open doors - Der Brand Sound bildet das Kernstück einer überzeugenden Brand Experience. In Zeiten der Digitalisierung ist es wichtiger denn je, die Marke mit allen Sinnen, und insbesondere auditiv, zu erleben."
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